Sehr
geehrte Damen und Herrenl
Es
ist mir eine besondere Freude heute - gerade als Frau - der
Herrengilde von Oberwaltersdorf zur Errichtung des "EUROPA-DENKMALS"
gratulieren zu können.
Es
ist für mich von besonderer Symbolträchtigkeit, dass gerade
hier, an einer Straße unweit des ehemaligen "Eisernen
Vorhangs" - über die viele Jahrhunderte
hindurch die unterschiedlichsten Völker gewandert und
marschiert sind, dieses markante, steinerne Denkmal errichtet
wurde und wie ein die Zeiten überdauernder Wegweiser in die
Zukunft unseres vereinten Europa weist.
Vor
40 Jahren haben sich ein paar beherzte Politiker aus Ländern,
die sich noch 1945 als Todfeinde gegenüberstanden, in Rom zur
Unterzeichnung der "Römischen Verträge" mit dem
Ziel getroffen, miteinander ein vereintes Europa zu bauen.
Heute enthüllen wir ein Denkmal, das dank der
Privatinitiative der "HERRENGILDE OBERWALTERSDORF"
den Willen zum Aufbau und Zusammenhalt dieses vereinten
Europas mit überzeugender Symbolik darstellt: aus jedem EU-Land
wurde ein Steinblock gestiftet, zur Säule aufgebaut und fest
verklammert. Wasser, das Element des Lebens, fließt über die
Steine und wird in einem Becken aufgefangen, das aus Steinen
aller österreichischen Bundesländer gebildet wird und damit
die enge Verbundenheit unseres Heimatlandes mit dem Kontinent
Europa darstellt.
Wie
ein Rufzeichen mahnt dieses Denkmal vor jenen demagogischen
Stimmen, die versuchen, die Menschen zu verunsichern und das
friedliche Miteinander der Völker Europas umzukehren. Wie ein
Zeigefinger erinnert uns diese Säule daran, dass es immer
einfacher ist, altbekanntes Unheil zu beschwören, als
Zukunftsvisionen zu entwickeln. Doch lassen wir uns davon
nicht irritieren, weg mit dem Kleinmut, weg mit dem
Pessimismus! Verschwenden wir unsere Energien nicht darauf,
nach vermeintlichen Nachteilen zu suchen, sondern profitieren
wir davon, vollwertige Europäer zu sein und identifizieren
wir uns mit dieser EU, die unserem Land langfristig Frieden,
Sicherheit und Wohlstand sichert.
Die
Mitgliedschaft in der Europäischen Union hat uns viele
Vorteile, aber auch ein gesteigertes Maß an Verantwortung
gebracht. Die Priorität in der österreichischen
Europapolitik muss daher in den kommenden Jahren in der
Erweiterung der Europäischen Union um unsere mittel- und
osteuropäischen Nachbarn liegen. Wir sind selbst ein mittel-
und osteuropäisches Land und damit das erste dieser Länder,
das Mitglied der Europäischen Union geworden ist. Dank
unserer historischen und kulturellen Wurzeln haben wir die
einzigartige Chance, im Rahmen der Europäischen Union als Fürsprecher
unseres Raumes zu fungieren - und das wird von uns auch
erwartet! Darüber hinaus garantiert die Osterweiterung, dass
unsere mittel- und osteuropäischen Nachbarn fest und
dauerhaft in die Friedens- und Stabilitätsgemeinschaft des
integrierten Europa eingebunden werden und trägt damit zur
Bewahrung der Sicherheit und Stabilität unseres eigenen
Landes bei.
Eines
möchte ich hier aber ganz klar feststellen: Alle neuen
Mitglieder müssen ausnahmslos den gesamten Rechtsbestand der
Europäischen Union übernehmen. Dies gilt beispielsweise auch
für den Sozialbereich, die Umwelt, die Wirtschafts- und Währungsunion,
die Zusammenarbeit bei der Inneren Sicherheit wie in der
Gemeinsamen Außenpolitik. Konkret heißt das, dass wir für
besonderes Augenmerk auf die Auswirkungen der Freizügigkeit
der Arbeitnehmer - Stichwort Grenzgänger - legen
werden, um unsere eigenen Interessen zu schützen.
Doch
durch die EU-Mitgliedschaft unserer Nachbarstaaten wird die
Ostregion Österreichs endlich wieder in ein offenes
wirtschaftliches Umland eingebettet. Es ist schon richtig:
mittelfristig ist damit zu rechnen, dass mehr Staatsbürger
der neuen EU-Mitgliedstaaten dadurch in Österreich Arbeit
suchen werden. Umgekehrt werden sich aber längerfristig die
Wanderungsströme der Arbeitskräfte sicher ausgleichen. Genau
aus diesem Grund brauchen wir bis zu diesem Zeitpunkt
umfassende Übergangsmaßnahmen, um eine Belastung des
Arbeitsmarktes in Österreich und in anderen EU-Mitgliedstaaten
zu verhindern. Diese Übergangsfristen sollen den Rahmen für
die beschäftigungs- und gesellschaftspolitischen
Anpassungsprozesse schaffen. Dabei könnten diese Übergangsmaßnahmen
zeitlich gestaffelt werden, so dass die Freizügigkeit in
kontinuierlichen Etappen voll erreicht werden kann.
Bei
der EU-Erweiterung wird aber auch der Bereich der inneren
Sicherheit im Vordergrund stehen. Beim Abbau der inneren
Grenzen in einer erweiterten Union muss meiner Überzeugung
nach dafür gesorgt werden, dass unsere Sicherheit dadurch
nicht verringert wird. Wir sollten daher schon vor dem
Beitritt der mittel- und osteuropäischen Ländern dafür
sorgen, dass die erforderlichen Maßnahmen im Bereich der
inneren Sicherheit getroffen werden. Ich meine daher, dass wir
jetzt schon die Zusammenarbeit der Polizeikräfte und der
Justiz der Beitrittswerber und der EU stärken müssen. Denn:
mit einer der Erweiterung muss die Sicherheit der EU in den
Osten "exportiert" werden.
Auch
unsere EU-Partnern werden verstehen, dass Österreich über
1000 km EU-Außengrenze, welche demnächst auch "Schergen-Außengrenze"
sein wird, zu sichern hat. Aufgrund seiner geographischen Lage
im Herzen Europas haben wir daher vorrangiges Interesse an
einer wirksamen Bekämpfung der organisierten Kriminalität.
Als klassisches Transitland ist Osterreich stets gefährdet
durch Drogenschmuggel, Schlepperunwesen, Geldwäsche und
Kriminaltourismus. Besondere Aufmerksamkeit wird hier auch der
Gefahr der Unterwanderung der Wirtschaft durch
Wirtschaftskriminalität zu widmen sein.
Eines
hat Osterreich jedoch allen anderen EU-Staaten voraus: Wir
waren schon einmal historisch zu früh - ein Vereintes Europa,
ein Vielvölkerstaat mit gemeinsamer Finanz-, Sicherheits- und
Außenpolitik, aber weitgehender Eigenständigkeit der
einzelnen damaligen Kronländer. Wir haben, weit mehr als
andere EU-Staaten, Erfahrung mit der Handhabung des
Subsidiaritätsprinzips und des Ausgleichs divergierender
Interessen. Es ist auch kein Zufall, dass die
Sozialpartnerschaft, die uns Millionen von Streikstunden
erspart hat, eine österreichische Erfindung ist.
Ziel
muss es sein, dass unsere Bürger auch in einem größeren
Europa auf optimalen Schutz vertrauen können. Denn: mit der
Erweiterung muss die Sicherheit der EU in den Osten "exportiert"
werden.
Wir
können von Europa viel empfangen, wir können Europa aber
auch viel geben. Die Krone des Heiligen Römischen Reiches,
Symbol einer durch Jahrhunderte erträumten Friedensordnung
unseres vielfältigen Kontinents, einer Friedensordnung, die
jetzt endlich im Entstehen begriffen ist, ruht in Wien. Wir
sind Europa und ich wünsche mir, dass das Europa-Denkmal der
Herrengilde Oberwaltersdorf eines nicht allzu fernen Tages
mitten im Herzen Europas stehen wird'
Danke
für Ihre Aufmerksamkeit.
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