Europa
hat zahllose berühmte Entdecker hervorgebracht.
Ihr
ungewöhnlichster ist wohl Jean Monnet, denn seinem Weitblick verdanken
wir nicht weniger als die Entdeckung unseres eigenen Kontinents!
Monnet
war weder ein gefeierter Künstler, noch ein erleuchteter Philosoph oder
ein wendiger Politiker, sondern Geschäftsmann. Mit souveränem Blick
erfasste er im Nachkriegseuropa realitätssicher die wirtschaftliche
Priorität seiner Vision.
Dazu
besaß er das Glück des Tüchtigen: denn er fand in Alcide de Gasperi,
Robert Schuman, Paul-Henri Spaak und Konrad Adenauer zur rechten Zeit
die rechten Politiker, die mit der Taufe der Montanunion, der
Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Monnets Traum die grundlegende
finanzielle und wirtschaftliche Tragfähigkeit verordneten.
Sie
schrieben die neuere europäische Geschichte, an deren Rand die europäische
Wirtschaft nach den beiden Kriegen ihre wachsenden schwarzen Zahlen
notierte.
Das
moderne Europa erzählt die rasanteste Erfolgs-Geschichte des letzten
Jahrhunderts, die uns in nur fünfzig Jahren über die EWG und die EG
bis zur heutigen EU führte. Monnets Idee verwirklichte, was in der
Historie zuvor keinem römischen Herrscher - wie Cäsar, keinem französischen
Kaiser - wie Napoleon, geschweige denn einem deutschen Diktator gelungen
war: die friedliche Einigung eines ganzen Kontinents durch die freie
Entscheidung freier Bürger.
Zu
seiner Erfüllung wurde kein einziges Menschenleben gefordert - dafür
aber die Lebensqualität von Millionen Menschen gefördert.
Monnets
visionärer Traum hat den Test an der Wirklichkeit glänzend bestanden.
Aus
dem Haus Europa ist ein stattliches Gebäude gewachsen, das auf
gesicherten Fundamenten ruht und komfortablen Platz auch den später
einziehenden Bewohnern und Miteignern bietet.
Doch,
wie es darinnen aussieht - scheint niemanden so recht etwas anzugehen...
Man
diskutiert und verabschiedet zwar unablässig und bis ins Detail
Regelungen der Versorgung und Entsorgung, der Hausordnung und der
Fassadenrenovierung, doch ist seinen Bewohnern noch unverändert ihre
Mietermentalität anzumerken.
Das
Haus Europa funktioniert, aber ist es auch lebendig?
Die
Europäer haben noch nicht bemerkt, dass sie die Eigentümer sind. Mehr
noch: dass sie selbst dieses Europa sind!
Goethe kannte die Antwort: "Was du ererbt von deinen Vätern,
erwirb es, um es zu besitzen!"
Die
Bürger früherer Nationalstaaten auf europäischem Boden wurden von
ihren Autoritäten vor Denkmäler zum Nachdenken zitiert.
Der
heutige Europäer denkt heute längst selbst. Und vor allem voraus: THINK
EUROPEAN!
Dafür
wird ihn einst die Geschichte zitieren.
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